Montag, 5. Mai 2008

die wahrheit über das grausame leben am ende der welt

da sich in letzter zeit die beschwerden, ich sei ein fauler hund und täte nix schreiben, wieder gehäuft haben, will ich an diesem düsteren abend wieder mal bericht erstatten aus dem schönen chile. der winter bricht an, und meine füße werden kalt, vulkane brechen aus, und die küste, an der ich momentan überdurchschnittlich viel zeit mit meinem freund, der eine abstellkammer am meer hat, verbringe, ist nachts neblig und wüst, sodass man versteht, dass dieser ort nicht ohne grund als das ende der welt bezeichnet wird. ich habe mir dieses wochendende mit einer schokolade namens sahne-nuss und anderen chilenischen und peruanischen süßigkeiten fett für den winter angefressen. ich wiege jetzt zehn kilo mehr, und meine zähne sind schon ganz schwarz, aber das macht nichts, denn ich vergrabe mich die meiste zeit in meinem zimmer. an die uni trau ich mich kaum mehr, die leute aus meiner klasse wechseln die straßenseite, wenn sie mich sehen und beschmeißen mich im unterricht mit papierkügelchen, die auslandsösterreicher unter euch ahnen schon, warum: obwohl ich sehr gut getarnt war, hat mich meine professorin heute nachmittag auf der straße erwischt und mich im auto mitgenommen. sie habe dieses wochenende oft an mich gedacht, gestand sie mir, während wir durch die schönen palmenalleen fuhren, es war ein sonniger tag, und ich dachte mir nichts böses, vielleicht haben ja meine arbeiten bei ihr eindruck hinterlassen? da sagt sie: amstetten.
ja, so sieht das in etwa aus bei uns. auch sonst gibt es nichts gutes zu berichten. mein ipod, mein ibook und meine brille sind kaputtgegangen, dazu habe ich noch meine schöne peruanische geldtasche verloren. nun arbeite ich halt mehr schlecht als recht mit einem display, das sich dazu entschlossen hat, sich zur rechten hälfte der modernen kunst zu widmen. das nämlich dachte ich in der ersten sekunde, als ich mein ibook so sah und bevor ich realisierte, dass da nicht einfach nur ein schönes buntes bild, sondern das ibook ganz schön kaputt war.
passiert ist das ganze im auto auf dem rückweg vom schönen meer in die grausame stadt santiago, wo mein freund irgendwas gemacht hat, dass meine tasche und ihren inhalt zerdrückt hat, was, habe ich nicht so genau verstanden hinter meinem tränenschleier. er hat gesagt, dass er mir ein neues kauft, aber ich war trotzdem so untröstlich und bin es immer noch, dass mich nur das reisehoroskop stier+jungfrau aufheitern konnte. ich (jungfrau) werde nämlich nach diesem unsäglichen semester mit anna (stier) eine reise machen, die wir angeblich minutiös planen werden und die keine überraschungen bieten wird. ich bin dafür, dass wir das ganze am besten mit excel planen, eine wahrsagerin konsultieren und vielleicht doch darüber nachdenken sollten, ob wir die reise nicht besser ins salzkammergut, wo es ja auch sehr schön sein soll, verlegen sollen. außerdem ist es schon in zwei monaten soweit, und ich weiß immer noch nicht, wann sie kommt, das macht mich richtig nervös! so geht das nicht!
da ich nun ohne jegliche unterhaltungselektronik und überhaupt ganz arm dastehe, weil das schöne land österreich behauptet, ich sei zu reich für ein stipendium und mich damit in den finanziellen ruin treibt, habe ich eine gutbezahlte praktikantenstelle angenommen bei einer deutsch-chilenischen heiratsvermittlung, wo ich die aufgabe habe, bewerberfotos zu retuschieren und rechtschreibfehler in liebesbriefen von grammatikschwachen heiratswilligen zu korrigieren. in wahrheit arbeite ich bloß, weil ich keine geld zu reisen habe, krieg nicht mal einen kaffee dafür, aber darf dafür mit drei kameras durch die stadt des grauens und des nieselregens laufen und fotos schießen, mit denen potenzielle touristen angelockt werden sollen. seit mich eine marktfrau in la paz angebrüllt hat, bin ich eine sehr schüchterne fotografin und fotografiere nur mehr katzenkopfpflaster und rasensprenger. ich habe furchtbare angst, damit den chilenischen touristmus zu ruinieren, aber meine arbeit will ich nun doch auch nicht verlieren, man hat ja gehört, was mit menschen passiert, wenn sie in pension gehen und so.
nun ja, so ist das eben. der heitere teil dieses textes endet hiermit, denn ich muss euch nun mitteilen, dass ich nicht mehr nach österreich zurückkehren werde - meine flugangst ist einfach zu groß, und seit ich erfahren habe, was für ekliges getier sich im meer tummelt, ist auch eine kreuzfahrt keine option mehr für mich. vielleicht werden eines tages mamas spinatknödel motivation genug sein, es mit dem weg über die beringstraße zu versuchen. vielleicht...
ich muss euch nun allen ein lebewohl sagen, und wenn ihr abends in euren gut isolierten wohnungen vor euren macbooks sitzt, eure 200GB-ipods aufladet und und leckere tiefkühlpizza esst – denkt an mich und an die tausenden anderen österreicher in chile, die nicht dem mut haben, sich der nachwelt mitzuteilen so wie ich und still leiden.
da ich mir nun sicher bin, zumindest die hälfte einer schönen metapher, nach der sich der erfolg in zwei sehr unterschiedlichen, aber von einem großen teil der menschheit gleich stark begehrten lebensbereichen quasi naturgesetzmäßig konträr gegenüberstehen, doch verständlich rübergebracht zu haben, sehe ich mich nun bis anfang juni vom blogschreiben befreit und tausendfach entschuldigt.
auf wiedersehn.

3 Kommentare:

Malaika, Nina, Sara hat gesagt…

Hallo Bibi-Maus, ess grad Tiefkühlpizza und da musst ich an dich denken! Also ich find deine Berichte zwar dünn gesät, aber immer sehr sehr unterhaltsam und würd mich freuen, wenn du dich doch nicht für sooo lange Zeit entbinden würdest, vaschtooooscht?!? Damit liebe Grüße an die mutigste Heldin unserer Zeit, Nina.

vikihae hat gesagt…

amstetten hots also bis noch chile ou gschafft. gestern ufm BBQ isch des thema denna ou ufkoh. nur um denn gleich mol wieder die kampusch geschichte ou glei nomol uf zum wärma.. am liebsta würd i eana manchmol säga, dass se doch uf ihre eigenen babyleichen in da blumatöpf luaga sölln..de waren aber scheinbar nid halb so interessant wia a "inzest-monster" "vater-bestie" oder wie au immer es unser schundblatt do gern in da bild-like-schlagzeile akündigt..

Carola a.k.a. el ROLLO hat gesagt…

gut dann freu ich mich auf juni, und auf dass du den chilenischen tourismus nicht zerstörst!

bleib tapfer in der stadt des grauens und nieselregens.. ich liebe deinen blog :)