Samstag, 12. April 2008

sankt anton am pazifik

tja, meine hoffnungen haben sich leider zerschlagen, und demütigst bin ich wieder zurückgekehrt zu meinem flan und meinem brot. aber vor heute kommt ja immer noch gestern, und das gestern war ein scheußlich kalter tag, an dem ich froh war um das ganze alpacazeugs, das ich mir in bolivien gekauft hatte. es ist ja auch ein wahnsinn hier. vorgestern habe ich noch in der sonne gebadet, gestern rannte ich schon im wollpullover herum. ich sehe es nicht ein, dass es hier einen winter gibt. dauern hoffe ich, dass sich die chilenen trotz jahrzehntelanger erfahrung irgendwie irren, wenn sie behaupten, dass es bald schneit, aber ich fürchte und spüre immer mehr, dass ich mit dieser einstellung nicht weit komme.
gestern hatten wir damenbesuch. eine der damen, beatrice, hatte einen wiener vater und hat als kind einmal deutsch gesprochen, aber wieder verlernt.schlimm, eine sprache zu vergessen. jedenfalls wollte sie mich kennenlernen, und ich durfte mich an ihren reich gedeckten tisch setzen. lucia hat mich daraufhin vorgeführt wie eine dame ohne unterleib, ich glaube, ein bisschen stolz war sie trotzdem, so ein exotisches österreichisches exponat unter ihrem dach zu beherbergen. alles, was sie sagte, klang, typisch für sie, wie eine mathematische formel oder anklage, je nach dem: sie hört keine musik(!) und schaut nie fern! sie ist agnostikerin! sie trägt keine hausschuhe! sie mag keine schokolade/avocado/blabla! sie hört nicht auf mich!
ich wundere mich immer wieder, wie manche menschen behaupten können, etwas existiere nicht, nur weil sie es nicht sehen können. das sind übrigens, ist mir aufgefallen, meistens die gleichen menschen, die auch glauben, dass etwas bestimmtes existiert, das sie aber nicht sehen können, also sehr verwirrend, das ganze.
jedenfalls drohten die drei damen später, sie würden nach österreich kommen und ich sollte dann bitteschön fesche freunde meines vaters für sie bereitstellen, je nach wunsch zwanzig jahre älter bzw. 30 jahre jünger als sie. die beatrice zeigte dann fotos von mailand, nürnberg und wien, aber die männer blieben das lieblingsthema, wie immer.
jedensmal, wenn ich heimkomme, fragt mich lucia mit einem grinsen, ob ich denn (endlich) einen mann gefunden hätte. sie behandelt mich wie die blue roses in the glass menagerie. wenn ich armes schwein dann sage, aber ich will ja gar keinen freund, muss ich mir bei anderer gelegenheit anhören: du hast angst vor männern, stimmts?
jedenfalls ging es dann um folgende fragen: wie verführt ein österreichischer mann eine frau? wie lange dauert es, bis man miteinander ins bett geht? einen tag? ich war die ganze zeit am lachen. ältere damen sind echt die härte, wenn sie unter sich sind. so kam es auch, dass sie erst gegen zwölf und nachdem ich ihnen versprochen hatte, dereinst mit ihnen auszugehen, verschwanden.
deshalb fuhr ich erst gegen mittag nach san antonio. san antonio ist eine hässliche stadt mit einem noch hässlicheren, aber sehr wichtigen hafen und einem fischermarkt. der fischermarkt war wirklich klasse: eine windschiefe hütte, in die regelmäßig gewaltige wellen einbrechen, lustige fischverkäufer mit weißen gummistiefeln und jede menge fisch und muscheln und mir unbekanntes, höchst seltsames meeresgetier. es war sehr, sagen wir mal, pittoresk. das tollste aber waren die seelöwen und die pelikane, ein symbiotisches gespann, das sich rund um den hafen herumtrollte und die man mit fischköpfen für ca. 15 cent füttern konnte. faszinierende viecher! nach einer kleiner hafenrundfahrt, die mich an eine andere rundfahrt in essaouira erinnerte (überhaupt alles!), wo mir nur noch eine bestimmte person fehlte, war das wasser in meinem körper mehr fest als flüssig, und ich ging in eine restaurant, um mich aufzuwärmen. zur feier des tages bestellte ich eine paila marina, das ist eine typisch chilenische suppe mit fisch und meeresfrüchten, hätte ich mal vor deren komsumation gesagt.
jetzt sage ich: paila marina, das ist ein spülwasser mit fischabfällen und muscheln, die kurz vor ihrem tod sand gefressen haben müssen, als so ne art maritimes überraschungsei (eine winzige perle habe ich übrigens auch gefunden, und ein paar knochensplitter, von den gräten ganz zu schweigen). es war nicht so, dass es arg unappetitlich oder schlecht war, ich hatte einfach nicht den eindruck, dass es etwas zu essen war. ich wusste ja nicht, ob das vielleicht so gehörte. deswegen sagte ich nur: danke, gut, als der kellner just in dem moment, in dem ich den sand ausspucken wollte, mich fragte, ob die suppe gut sei.der sand war ja eindeutig nicht in der suppe, sondern in einigen von den viechern! außerdem: kleine kinder essen schließlich ja auch sand und leben noch!
nun, danach war mir immerhin warm. dann ging ich nach draußen, wo mir der wind die seele aus dem leib blies und mich spüren ließ, dass es zeit war zu gehen. die paila marina ist für mich jedenfalls im wahrsten sinne des wortes gegessen. so war mein ausflug kulinarisch gesehen wieder mal ein reinfall.
morgen bin ich jedenfalls zum essen eingeladen. vielleicht wird ja doch alles gut...

Freitag, 11. April 2008

das culinarische curiositaetenkabinett

mittlerweile hat sich in meinem kleinen episodenbüchlein, das ich führe, um mich mit achtzig noch an chile erinnern zu können, doch schon einiges fragwürdiges im bereich "essen & trinken" angesammelt. ich könnte jetzt auch schreien: ich bin in chile, holt mich hier raus! und man könnte mir sagen: koch doch selber! in wahrheit kann ich nur dort kochen, wo ich mich zuhause fühle. gestern nämlich habe ich das erste mal richtig gekocht und habe mir gedacht, dass dieser anlass doch einen blogeintrag fordert. natürlich wäre es jetzt hiermit getan, und der erkenntnisgewinn bei der lektüre dieser drei sätze ginge gegen null, drum will ich mal aus dem kulinarischen nähkästchen plaudern:
ich muss immer wieder sagen und darf es doch nicht, dass in chile ein sehr nordamerikanischer lifestyle vorherrscht. so auch beim essen. hauptsache viel und ungesund! in chile gibt es auch noch sowas wie familien. deswegen gibt es hier die größten packungen von allem, die ich je gesehen habe. und genau deswegen sind auch die supermärkte (lider, santa isabel, jumbo) meistens extrem riesig, muss ja alles platz haben, das zeug, logisch!
meine zwei frustrierendsten esserlebnisse (fairerweise muss man zugeben, dass eins untypischerweise in argentinien stattgefunden hat) waren pizza ohne tomaten und lasagne mit omeletteteig statt nudelteig. man hüte sich also vor der sog. pizza italiana bei pizza hut, denn man sieht dem heimtückischen ding die abwesenheit von tomaten in keinster weise an!
wie in den meisten ländern, in denen das essen nicht gerade hervorragend ist, sind es dafür die süßspeisen und bäckereien. hier gilt: wo in österreich ein zuckerguss reicht, braucht es hier noch eine füllung. sehr lecker also! krapfen, die hier "berlin" heißen, sind immer mit vanille- oder karamellcreme gefüllt. überhaupt gibt es hier in der süßspeisenabteilungen einen eindeutigen karamellüberschuss. besonders beliebt gemacht haben sich bei mir die sog. flans. ich habe das ganze kühlregal durchprobiert (von chemisch bis reiner zucker) und bin bei nestlé hängen geblieben, obwohl ich ungern sachen von nestlé kaufe.
ganz typisch sind hier die empanadas. man könnte sie als chilenische nationalspeise betrachten, wenn sie es nicht in peru, bolivien und argentinien genauso wären. empanadas sind gefüllte teigtaschen, manchmal halbmondförmig, manchmal quadratisch. gefüllt sind sie mit fleisch, käse, schinken, meeresfrüchten oder tomaten mit zwiebeln, und es gibt sie überall, auf der straße und im nobelrestaurant, und in jedem zustand, von extrem lecker bis eher grausige tiefkühlkost.
ansonsten gibt es auf der straße, hier vor allem downtown bei den busbahnhöfen und in kleineren dörfern, leute, die auf den straßen selbstgemachte empanadas, getränke und sandwiches verkaufen. legendär sind auch die eisverkäufer. sie rennen mit einem karton herum, von dem man niemals vermuten würde, dass er als tiefkühltruhe dient, und meistens verkaufen sie ihr eis im bus und schreien "helado, helado". im bus geht sowieso die post ab: alles wird im bus verkauft, von bandagen bis zu geldtaschen, und auf meiner strecke steigt öfter mal ein herr ein und singt seemannslieder, wirklich klasse. es gibt aber leider auch leute, die singen weniger als darbietung, sondern um auf sich aufmerksam zu machen, wie mir scheint. denen gibt man dann was, damit sie aufhören. aber ich schweife ab!
bemerkenswert wäre auch die tendenz zum deutschen (es gibt auch "österreichische" konditoreien). in manchen supermärkten tragen die wurstverkäufer tirolerhüte und schürzen, die so tun, als seien sie lederhosen. außerdem gibt sog. bierstuben und eine fastfoodkette namens "fritz", bei der unter dem slogan "tradicion aleman" (also deutsche tradition) hotdogs von kopftuchtragenden bedienungen verkauft werden. richtig deutsch eben. dazu muss man auch sagen, dass die hotdogs hier mit kalter dickflüssiger tomatensauce und zäher avocadosauce (überhaupt ist avocado hier das nonplusultra) auf den tische kommen, also ich kann das zeug nicht essen und ess dann lieber einen bigmac um einen euro. außerdem findet man immer wieder mal produkte mit deutschen verpackungen, was daran liegen könnte, dass der besitzer vom lider deutsche vorfahren hat.
was ich ganz schlimm finde, ist die tatsache, dass die meisten leute, die was mit essenausgabe zu tun haben, einen mundschutz tragen. ich finde das übertrieben steril. außerdem weckt es in mir assoziationen zu gefährlichen, ansteckenden krankheiten, was ja nicht der sinn der sache ist, nehme ich mal an.
hingegen schön finde ich dinge wie lachsfischstäbchen ( lachs ist ja was typisch chilenisches und ziemlich billig, klasse kombination auch mit dem hier ebenfalls extrem billigen und guten sekt), violetten paprika, rote kartoffeln und die tatsache, dass die brombeere hier angemessen verherrlicht und nicht wie in österreich wie ein kulinarisches stiefkind behandelt wird.
blöd finde ich, dass es hier keinen fruchsaft ohne nix gibt, also entweder sind zwanzig verschiedene süßungsmittel drin oder jede menge zucker, was ja bei einem apfelsaft nicht unbedingt erforderlich ist. überhaupt gibt es hier eher wenige pure produkte (von der riesigen auswahl an obst und gemüse mal abgesehen), alles kommt mit einem "geschmack nach..." daher, und überall werden irgenwelche dinge zugesetzt, die überhaupt nicht notwendig sind, und dreijährigen kindern, die überhaupt nicht danach verlangt haben, werden chips und cola in die hand gedrückt.
natürlich gibt es auch neben der urbanen supermarktesskultur noch eine andere seite, nämlich die kleinen, einfachen, billigen restaurants in kleineren orten. hier bekommt man für wenig geld recht solides essen, aber leider gibts in santiago selbst nur entweder gehobene gastronomie, zwielichtige spelunken oder eben dieses fastfoodzeugs.
in diesem sinne: es lebe the countryside, und morgen ist es wieder soweit! zum schluss möchte ich noch hinzufügen, dass mir bewusst ist, dass dieser eintrag in seiner ausführlichkeit den einen oder die andere mdb-studentin vielleicht an die ergüsse eines bestimmten verwandten dritten grades erinnern könnte. dazu sei gesagt, dass zu meiner regelmäßigen lektüre daheim diverse kochbücher zählen und ich daher nicht anders kann, denn: gutes essen gehört bei mir eindeutig in die top drei der lebenswichtigsten dinge, ein thema, das mich immer sehr beschäftigt. und jetzt geh ich essen!

mahlzeit!

Montag, 7. April 2008

viva la argentina!

argentinien ist gleich hinter den anden, man braucht nur sieben stunden zu fahren und eine bis zwei stunden am zoll zu warten. wenn man mal ein paar grenzübertritte in südamerika mitgemacht hat, weiss man die leichtigkeit, mit der man mal eben in die schweiz rüberfahren kann, gleich besser zu schätzen. kommt der bus an die grenze, steigen alle aus. dann wird zuerst mal gewartet, bis der bus in der autoschlange entsprechend vorgerückt ist. irgendwann dann muss man zwei mal anstehen: einmal zum ausreisen, dann zum einreisen. blöd nur, wenn der beamte sich nicht sicher ist, ob der pass, den er in der hand hält, nicht gefälscht ist. ja, ich habe mich sehr verändert in den letzten zehn jahren. dann wird das gepäck durchsucht: von hunden oder röntgengeräten, wie man sie vom flughafen kennt. bis jetzt war es noch in jedem land verboten, pflanzliche oder tierische produkte einzuführen. wenn man sich nichts scheißt, kann man seinen apfel aber auch ruhig jenseits der grenze verspeisen. man kann auch einfach im bus sitzen bleiben, wenn die anderen ihr gepäck durchsuchen lassen. und man kann seine waffen abgeben, falls man welche hat. damit die eigenen kinder nicht erschossen werden oder so, das ist jetzt aber nicht meine logik.
wenn man das ganze überstanden hat, kommt man in eine schöne stadt mit dem namen mendoza. ich mag so rasterstädte nicht, die lösen was klaustrophobisches in mir aus, aber bei mendoza kann man eine ausnahme machen: ihr kulinarisches bewusstsein ist offensichtlich sehr ausgeprägt, und davon lebt sie auch irgendwie: gutes essen, schokolade, wein natürlich, likör und erlesenste delikatessen, von denen man in chile nur träumen kann. und alles ist extrem billig. ich wollte sportschuhe kaufen und kam mit whiskey und schokolade zurück, ich bin halt nicht gerade sehr konsequent.
das allerschönste aber war ein ausflug in die anden. während die anden an der bolivianischen grenze nicht gerade mit schönheit gesegnet sind (meine meinung), war das gebirge hier das eindruckvollste, was ich jemals gesehen habe. hier gibt es außer inkaruinen und vulkanen den höchsten berg amerikas (den aconcagua) mit 6960 metern ( es gibt übrigens einen berg namens pik kommunismus, nur so am rande). wenn man aber eh schon so hoch ist, sehen andere berge eindrucksvoller aus. es sind unheimlich große tiefe täler hier, und die berge haben einen derartigen ausdruck, dass es unmöglich scheint, dass sie nicht mit einer intention geschaffen wurden, sprich: ein mehrtägiger andenaufenthalt könnte mich womöglich zum glauben bekehren. allerdings liegt diesem gefühl, dass man beim anblick dieser berge empfindet, womöglich derselbe denkfehler zugrunde wie den ansichten irgendwelcher intelligent design-vertreter.
auf 4200 meter höhe konnte man dann, eingestimmt von dramatischer musik, dem cristo redentor, eine christus-erlöser-statue an der chilenischen grenze, hallo sagen, sofern einem nicht bunte lichter vor den augen tanzten so wie mir - ich spüre die höhenkrankheit immer, allerdings bin ich noch nie daran gestorben.
ich wünschte, ich hätte einen motorradführerschein, dann wüsste ich schon, wo ich meine wochenenden verbringen würde, aber so muss ich armes schwein halt busfahren.
dieses wochendende habe ich außerdem beschlossen, dass ich kein scheißpraktikum machen werde diesen sommer, sondern hier bleiben werde. das heisst, auf dem kontinent. anna kommt mich besuchen, und dann gehen wir auf reisen! hier zieht langsam der herbst ein, im schatten ist es schon kühl, und deswegen freue ich mich, im sommer in karibische gefilde zu ziehen. das einzige, was mir hier fehlt, ist, mit meinem geliebten rad im grünen rheintal herumzufahren. hier ist alles so staubig und sandig, und wenn man auf der straße mit dem rad fahren will, fahren einen die busfahrer zusammen. der einzige trost, der mir bleibt, ist der österreichische april und die mich erwartenden tropischen klimazonen.
in wahrheit geht mir das rheintal am arsch vorbei. fünf monate sind definitiv zu wenig für sowas großes.

Dienstag, 1. April 2008

fucking las condes

so, es reicht. heute hatte ich ein sehr aufschlussreiches gespräch mit meiner fotografieprofessorin. sie ist ziemlich cool und nicht viel älter als ich. ich habe ihr nur erzählt, wo ich wohne, da hat sie schon gesagt, ich muss hier raus und sie hilft mir dabei. es ist vielleicht nicht schlecht, einmal das wahre ghetto, und das ist las condes, gesehen zu haben, aber hier für immer leben...nö! lucia hat festgestellt: du magst es einfach, nicht?
mir geht diese phrase nicht mehr aus dem kopf. einfach und banal ist doch das luxuriöse. diese rasensprengerkultur. das, was sie einfach nennt, ist in wahrheit komplex und vielschichtig. es ist vielleicht dreckig, aber immerhin verbirgt sich etwas hinter dem dreck. las condes ist so einfach, dass es überall sein könnte auf der welt, vor allem aber in den usa. ich verstehe nicht, wie man ständig das wasser in seinem pool wechseln kann, wenn doch eh kein schwein darin badet. ja, ich stehe auch total auf den pool, ich sitze am nachmittag in der sonne und halte meine hand ins wasser, während ich über meine hausaufgaben nachdenke, aber jeder tümpel wäre mir genauso recht, und im grunde genommen ist er doch nur das größte symbol dafür, dass man etwas verschwenden kann, was andere nicht haben, und noch dazu ein ziemlich hinterhältiges, denn es erfüllt seinen zweck dadurch, dass man es hat und nicht, dass man es zeigt, was irgendwie noch perfider ist.
zur feier des tages bin ich, nach dem ich meine hose in der nähwerkstatt abgeholt habe, nach bellavista gefahren, um ein bier zu trinken. es war gegen sieben, und ich wollte die metro nehmen, und siehe da: die warteschlange reichte bis auf die straße hinauf. so etwas habe ich noch nie erlebt. die öffentlichen verkehrsmittel von santiago sind eine frechheit. das liegt daran, dass man in chile fast keine steuern zahlt, aber dafür bekommt man auch nichts geschenkt. eine gute schule kostet ihr geld, und wer keine private krankenversicherung hat, kann von glück reden, dass er einen termin für seine operation bekommt, bevor er stirbt.
als ausländerin ist man nie allein hier. ich weiss nicht, woher die leute wissen, dass ich deutsch spreche, wenn ich nicht deutsch, sondern schlechtes spanisch spreche, aber sie wissen es und sprechen einen an. außerdem habe ich zwei aus streichhölzern geschnitzte figuren (ein laternenanzünder und eine frau) in einer art mini-reagenzglas geschenkt bekommen von einem kellner namens mario, der in madrid war. ich habe immer gedacht, die chilenen stehen so auf ausländer, weil sie selbst nie im ausland waren, aber ich lerne immer mehr leute kennen, die sogar mal in wien waren. wenn man mit leuten redet, gerät man früher oder später immer in ein bestimmtes muster. irgendwann kommt der punkt, wo sie fragen (und wenns mehrere sind, dann sagen sie es oft gleichzeitig, das ist sehr merkwürdig): porque chile?
dann betrachten sie einen sehr aufmerksam, während man die gründe aufzählt, und wenn man sie ebenfalls aufmerksam betrachtet, kann man beobachten, wie ihre augen zu leuchten beginnen und sich ein zufriedenes lächeln auf ihrem gesicht ausbreitet, so kann man menschen also auch freude bereiten. ich muss mittlerweile immer grinsen, wenn ich merke, dass gleich diese frage kommt.
am wochenende war ich mit johannes paul und seiner freundin auf einem asado (mein drittes inzwischen). ein freund von johannes paul feierte die bevorstehende geburt seines ersten hombres. ich habe den verdacht, dass man anlässlich der geburt einer mujer keine asados feiert, aber meinetwegen. einer seiner freunde ist architekturprofessor an der universidad catolica und hat mich eingeladen, eines seiner seminare zu besuchen. leider hat es was mit 3d zu tun. danach bin ich mit der freundin von johannes paul sommerrodelbahn gefahren. in chile heisst das: rodelbahn, und ihr erscheinungsbild orientiert sich sehr am alpenklischee. überhaupt stehen hier alle total auf die alpen und auf heidi. als wir heimgefahren sind, habe ich zu lucia gesagt: ich habe jetzt einen mann gefunden, denn sie wünscht sich so sehr einen kerl für mich und hatte mich zuvor mit den worten "hübsch siehst du aus" und " viel glück" verabschiedet, da konnte ich gar nicht anders, und bis sie gemerkt hat, dass ich nur spass mache, hat sie sich irrsinnig gefreut. abgesehen davon wird sie immer mehr wie meine oma. die freundin von johannes paul weiss alles, was lucia über mich weiss, und letztens hat sie ihr erzählt, dass ich zwei tage lang nichts gegessen habe (was ich wiederum bemerkt hätte). dafür lässt sie meinen saustall saustall sein.
heute habe ich mir auch zum ersten mal tschicks (2 euro, dafür grinst einem ein kaputtes gebiss auf der schachtel entgegen) gekauft, sowas scheussliches habe ich auch noch nie geraucht, auch gut, dann fange ich gar nicht erst an. in bellavista gibt es bier nur literweise zu bestellen, aber der liter kostet nur 1,50 euro, und bei dem preis trinkt man einen liter so schnell wie bei uns einen halben, ich habe sowieso den verdacht, dass die hier bier trinken wie wasser.
momentan ist es wieder etwas lockerer an der uni. eigentlich gibt es ja nie viel zu tun, bis auf das eine fach, in dem die ganzen fünfer verteilt werden, aber das ist jetzt vorbei, denn jetzt geht es um gestaltung und nicht mehr um so kneidlzeugs. die leute hier sind so unglaublich schlecht. ich meine, ihre eltern bezahlen ein halbes vermögen für ihre ausbildung, und sie stehen nachher trotzdem mit nichts da, weil sie einfach nicht geeignet sind für den beruf! mir ist auch klar, dass meine berufliche zukunft alles andere als sicher ist, aber wenn ich die wäre, hätte ich jede nacht albträume.
die letzte aufgabe war, ein gedicht auf einem leporello zu visualisieren. was machen sie? die einen schreiben ihre wörter mit bleistift auf weisses papier, mit computer arbeitet sowieso fast keiner, die anderen nehmen für jedes einzelne wort ne eigene farbe und schrift...also ne! meins hat ihnen jedenfalls gefallen, ich soll nur die illustrationen streichen, und dann passt es.
drum habe ich jetzt fast ferien und habe mich gestern mit dem vorsatz, herauszufinden, wie man frames erstellt, an den computer gesetzt...und am nächsten morgen hatte ich meine homepage fertig! jetzt fehlt mir nur noch ein teil der inhalte. ich muss mich ja demnächst mal für ein praktikum bewerben. ansonsten fehlt mir nur noch das rechte domizil, dann bin ich auch wunschlos glücklich.

saludos desde chile,
bianca