Freitag, 11. April 2008

das culinarische curiositaetenkabinett

mittlerweile hat sich in meinem kleinen episodenbüchlein, das ich führe, um mich mit achtzig noch an chile erinnern zu können, doch schon einiges fragwürdiges im bereich "essen & trinken" angesammelt. ich könnte jetzt auch schreien: ich bin in chile, holt mich hier raus! und man könnte mir sagen: koch doch selber! in wahrheit kann ich nur dort kochen, wo ich mich zuhause fühle. gestern nämlich habe ich das erste mal richtig gekocht und habe mir gedacht, dass dieser anlass doch einen blogeintrag fordert. natürlich wäre es jetzt hiermit getan, und der erkenntnisgewinn bei der lektüre dieser drei sätze ginge gegen null, drum will ich mal aus dem kulinarischen nähkästchen plaudern:
ich muss immer wieder sagen und darf es doch nicht, dass in chile ein sehr nordamerikanischer lifestyle vorherrscht. so auch beim essen. hauptsache viel und ungesund! in chile gibt es auch noch sowas wie familien. deswegen gibt es hier die größten packungen von allem, die ich je gesehen habe. und genau deswegen sind auch die supermärkte (lider, santa isabel, jumbo) meistens extrem riesig, muss ja alles platz haben, das zeug, logisch!
meine zwei frustrierendsten esserlebnisse (fairerweise muss man zugeben, dass eins untypischerweise in argentinien stattgefunden hat) waren pizza ohne tomaten und lasagne mit omeletteteig statt nudelteig. man hüte sich also vor der sog. pizza italiana bei pizza hut, denn man sieht dem heimtückischen ding die abwesenheit von tomaten in keinster weise an!
wie in den meisten ländern, in denen das essen nicht gerade hervorragend ist, sind es dafür die süßspeisen und bäckereien. hier gilt: wo in österreich ein zuckerguss reicht, braucht es hier noch eine füllung. sehr lecker also! krapfen, die hier "berlin" heißen, sind immer mit vanille- oder karamellcreme gefüllt. überhaupt gibt es hier in der süßspeisenabteilungen einen eindeutigen karamellüberschuss. besonders beliebt gemacht haben sich bei mir die sog. flans. ich habe das ganze kühlregal durchprobiert (von chemisch bis reiner zucker) und bin bei nestlé hängen geblieben, obwohl ich ungern sachen von nestlé kaufe.
ganz typisch sind hier die empanadas. man könnte sie als chilenische nationalspeise betrachten, wenn sie es nicht in peru, bolivien und argentinien genauso wären. empanadas sind gefüllte teigtaschen, manchmal halbmondförmig, manchmal quadratisch. gefüllt sind sie mit fleisch, käse, schinken, meeresfrüchten oder tomaten mit zwiebeln, und es gibt sie überall, auf der straße und im nobelrestaurant, und in jedem zustand, von extrem lecker bis eher grausige tiefkühlkost.
ansonsten gibt es auf der straße, hier vor allem downtown bei den busbahnhöfen und in kleineren dörfern, leute, die auf den straßen selbstgemachte empanadas, getränke und sandwiches verkaufen. legendär sind auch die eisverkäufer. sie rennen mit einem karton herum, von dem man niemals vermuten würde, dass er als tiefkühltruhe dient, und meistens verkaufen sie ihr eis im bus und schreien "helado, helado". im bus geht sowieso die post ab: alles wird im bus verkauft, von bandagen bis zu geldtaschen, und auf meiner strecke steigt öfter mal ein herr ein und singt seemannslieder, wirklich klasse. es gibt aber leider auch leute, die singen weniger als darbietung, sondern um auf sich aufmerksam zu machen, wie mir scheint. denen gibt man dann was, damit sie aufhören. aber ich schweife ab!
bemerkenswert wäre auch die tendenz zum deutschen (es gibt auch "österreichische" konditoreien). in manchen supermärkten tragen die wurstverkäufer tirolerhüte und schürzen, die so tun, als seien sie lederhosen. außerdem gibt sog. bierstuben und eine fastfoodkette namens "fritz", bei der unter dem slogan "tradicion aleman" (also deutsche tradition) hotdogs von kopftuchtragenden bedienungen verkauft werden. richtig deutsch eben. dazu muss man auch sagen, dass die hotdogs hier mit kalter dickflüssiger tomatensauce und zäher avocadosauce (überhaupt ist avocado hier das nonplusultra) auf den tische kommen, also ich kann das zeug nicht essen und ess dann lieber einen bigmac um einen euro. außerdem findet man immer wieder mal produkte mit deutschen verpackungen, was daran liegen könnte, dass der besitzer vom lider deutsche vorfahren hat.
was ich ganz schlimm finde, ist die tatsache, dass die meisten leute, die was mit essenausgabe zu tun haben, einen mundschutz tragen. ich finde das übertrieben steril. außerdem weckt es in mir assoziationen zu gefährlichen, ansteckenden krankheiten, was ja nicht der sinn der sache ist, nehme ich mal an.
hingegen schön finde ich dinge wie lachsfischstäbchen ( lachs ist ja was typisch chilenisches und ziemlich billig, klasse kombination auch mit dem hier ebenfalls extrem billigen und guten sekt), violetten paprika, rote kartoffeln und die tatsache, dass die brombeere hier angemessen verherrlicht und nicht wie in österreich wie ein kulinarisches stiefkind behandelt wird.
blöd finde ich, dass es hier keinen fruchsaft ohne nix gibt, also entweder sind zwanzig verschiedene süßungsmittel drin oder jede menge zucker, was ja bei einem apfelsaft nicht unbedingt erforderlich ist. überhaupt gibt es hier eher wenige pure produkte (von der riesigen auswahl an obst und gemüse mal abgesehen), alles kommt mit einem "geschmack nach..." daher, und überall werden irgenwelche dinge zugesetzt, die überhaupt nicht notwendig sind, und dreijährigen kindern, die überhaupt nicht danach verlangt haben, werden chips und cola in die hand gedrückt.
natürlich gibt es auch neben der urbanen supermarktesskultur noch eine andere seite, nämlich die kleinen, einfachen, billigen restaurants in kleineren orten. hier bekommt man für wenig geld recht solides essen, aber leider gibts in santiago selbst nur entweder gehobene gastronomie, zwielichtige spelunken oder eben dieses fastfoodzeugs.
in diesem sinne: es lebe the countryside, und morgen ist es wieder soweit! zum schluss möchte ich noch hinzufügen, dass mir bewusst ist, dass dieser eintrag in seiner ausführlichkeit den einen oder die andere mdb-studentin vielleicht an die ergüsse eines bestimmten verwandten dritten grades erinnern könnte. dazu sei gesagt, dass zu meiner regelmäßigen lektüre daheim diverse kochbücher zählen und ich daher nicht anders kann, denn: gutes essen gehört bei mir eindeutig in die top drei der lebenswichtigsten dinge, ein thema, das mich immer sehr beschäftigt. und jetzt geh ich essen!

mahlzeit!

1 Kommentar:

Benni hat gesagt…

komm du mal nach usa! ;) hier gibt's weder nobel noch spelunke ... sondern nur fast food! ;) wenn ich nach deutschland zurück komm es ich erstma an schweinebraten mit kloß und soß! ;) grüße in den süden.