Donnerstag, 20. März 2008

heute kann ich also sagen: ich bin genau seit einem monat in südamerika. andererseits kann ich nicht sagen, dass es südamerika ist, wo ich mich seit einem monat befinde. häuser, hunde, rasensprenger, um las condes auf den punkt zu bringen. jede familie, die etwas auf sich hält, hat eine haushälterin (üblicherweise ist deren hautfarbe ein paar nuancen dunkler als die der herrschaften). da wir quasi eine halb zerrissene, halb verwitwete familie sind, haben wir "nur" eine putzfrau (und einen gärtner, natürlich). die putzfrau, la flor (die blume) verdient keine zwanzig euro für acht stunden arbeit und muss jeden tag arbeiten, weil sie vier kinder durchbringen muss. sogenannte nanas, also erzieherinnen im weitesten sinne, und die, die im bus die fahrkarten kontrollieren und decken verteilen, verdienen etwa dreihundert euro im monat. dreihundert euro beträgt auch ungefähr die monatliche studiengebühr an meiner uni. 
vor ein paar tagen habe ich mich außerdem aus welchen gründen auch immer ins "ghetto" verirrt, und siehe da, das andere ende des farbverlaufs: europa und die ganzen blauäugigen waren verschwunden, und ich fiel dermaßen auf, dass mich sogar der busfahrer fragte, wohin ich denn wolle. 
um das gefühl, irgendwo im nirgendwo zu sein, loszuwerden, habe ich begonnen, rauszufahren. letztes wochenende war ich mit jasmin, einer deutschen mit iranischen eltern, und choi, einer koreanerin, in valparaiso und viña del mar. die chilenen lieben ja ausländer (mit ausnahme der peruaner und der bolivianer) , viele von ihnen, auch die reichen, sind noch nie aus chile rausgekommen und sind sehr, sehr neugierig, vor allem, wenn so ein lustiges trio auftaucht.
valparaiso ist die stadt mit den aufzügen. in motorcycle diaries sieht man den gael garcia bernal in so einem aufzug fahren, eine sehr schöne szene. (lucia mir übrigens gestanden, dass sie che guevara sehr hübsch findet, während jasmins familie sich hingegen als pinochet-anhänger geoutet hat.) die aufzüge sind uralt, der jüngste achtzig jahre, und wenn man mit ihnen durch die bruchbuden valparaisos fährt, hat man das gefühl, dass man sich in einer zeitmaschine befindet. weil ja sonntag ostern ist, wurden überall auf der straße geflochtene taschen mit olivenzweigen und rosmarin verkauft. die wissen eben noch, wie man seinen glauben zelebriert! außerdem haben wir la sebastiana, ein (ganz wunderbares) haus von pablo neruda, besucht, was mich gleich zu meinem nächsten ausflug führt. morgen fahre ich mit choi nach isla negra, wo ein weiteres haus von pablo neruda steht, und dann vielleicht nach san antonio, wo es seelöwen gibt und wo man dann vielleicht das chile zu spüren bekommt, das isabel allende in aphrodite schildert. meeresfrüchte darf man zwar nicht essen, wie lucia mir erzählt, nachdem ich am vorabend ein empanada mit meeresfrüchten gegessen habe, denn die haben grad irgendeine krankheit, und die macht blöd, wenn ich das richtig verstanden habe, aber es gibt dort einen tollen fischmarkt mit fischern, die angeblich knietief in fischhaufen stehen.
eigentlich bin ich aus bürokratischen gründen derzeit lichtjahre im minus, aber ich sehe nicht ein, wieso ich deshalb auf kleine ausflüge wie diese verzichten soll. ich habe freitag immer frei, das ist sehr gut, abgesehen davon, dass man immer mit hausaufgaben eingedeckt wird. 
ein fach, genannt taller grafico, ist zweimal die woche und ziemlich hart, dafür ist der rest ziemlich easy, abgesehen davon, dass ich in fotografie einen text auf spanisch lesen muss, der vom sprachlichen niveau her an "die helle kammer" grenzt. mein lieblingsfach ist aktzeichnen, das hätte ich am liebsten jeden tag, und der lehrer ist wirklich toll. nächste woche besuchen wir die körperwelten-ausstellung.
dann gibt es noch marketing, ein fach, dass ich eigentlich doch nicht machen muss, weil ich mir eine prüfung aus einem anderen leben anrechnen lassen kann, aber es fordert mich heraus. am ersten tag hab ich nämlich kein wort verstanden, und das fach ist sozusagen meine messlatte für meine spanischkenntnisse.  
ansonsten erfährt man auch viel über andere länder, zum beispiel, dass in korea leute t-shirts tragen, auf denen "rape me" und " asshole" steht und das dann den koreanerinnen, die englisch können, in den augen weh tut, aber die darauf hingewiesenen dann das t-shirt trotzdem nicht ausziehen wollen, weil es ja so viel gekostet hat. außerdem küssen sich die koreaner nicht in der öffentlichkeit, und wenn, dann auch nur den boyfriend. die deutsche erklärung auf das koreanische kopfschütteln hin war dann: bei uns (und in chile) küsst man jemanden, wenn man betrunken ist und ihn mag. -pause. nachsatz: man küsst auch jemanden, wenn man betrunken ist und ihn nicht mag. es stimmt ja eh, aber wie hört sich das an?
apropos küssen: theoretisch wollen zwar alle austauschstudentinnen einen chilenischen boyfriend, u.a. um spanisch zu lernen, praktisch aber finden sie, je nach veranlangung, deren frisuren entweder zum lachen oder zum weinen. in chile trägt die männerwelt nämlich derzeit gerne einen vokuhila, und die ganz mutigen tragen hinten rastas bis zum arsch, werden von den deutschen dann "schaf" genannt und können es nicht verstehen. einzigartig auf der welt, wie so vieles hier.

in diesem sinne,
grüß gott nach vorarlberg und den rest der welt
bianca

1 Kommentar:

Andi, Tobi hat gesagt…

vokuhila rules!!!